Inzwischen sind wir ordentlich im Unileben angekommen. Unser Vorlesungsplan sieht vor, dass wir fünf festgelegte Vorlesungen besuchen, diese finden unter der Woche stets abends von sechs bis neun Uhr statt.Die Fächer und Dozenten sind reichlich unterschiedlich.
Cross Cultural Management and International Negotiation haben wir bei demjenigen Dozenten, der sich auch im Vorfeld unseres Auslandssemesters um zahlreiche Formalitäten und Fragen gekümmert hatte – sehr nett! Seine Vorlesungen sind ein guter Mix aus Präsentationen (nicht zu frontal), Kulturfallstudien mit Geschäftsbezug und Verhandlungstrainings. Eine sehr interessante Mischung. Einschließlich der zugehörigen Dokumentation (schriftliche Fragestellungen) ist der Workload zwar recht hoch, aber recht konstant und dadurch gut unterzubringen.
Global Marketing Management ist ein Grundlagenkurs zu Marketing und somit für uns im neunten Fachsemester (und im Masterstudium gar überwiegend mit Marketingschwerpunkt) eher nicht geeignet. Bei dieser Vorlesung wird ausschließlich mit einem amerikanischen Pearson-Lehrbuch gelehrt, dessen Kauf verpflichtend ist. Die angegebene Begleitliteratur ist nur eine Alibiangabe. Viele „Prüfungsleistungen“ sind im Rahmen des Pearson-Onlineportals (gehört zum Kauf des Buches) zu erbringen. Dabei scheint es so, dass man zu sehr einfachen Multiple-Choice-Fragen fünf Antwortmöglichkeiten und jeweils (!) drei Versuche hat. Die Vorlesung selbst erfolgt bisher weitestgehend frontal anhand von Powerpointfolien, die ebenfalls Pearson und nicht die Professorin (eigentlich „Dozentin“, da derzeit erst dissertierend(!)) bereitgestellt hat. Alles in Allem: Aus akademischer Sicht ein schlechter Witz – ganz zu schweigen von zwischenmenschlichen Eindrucken.
Global Economics & Management ist ein Kurs zu makroökonomischen Fragestellungen im Rahmen der Volkswirtschaftslehre und somit eigentlich ganz gut geeignet. In den ersten Vorlesungen gab es zwar viele bereits bekannte Inhalte (bisher Vieles, das ich bereits im Bachelor hatte), allerdings in einer höheren Frequenz, sodass ich davon ausgehe, dass der Stoff noch ordentlich anziehen wird, sobald diese einleitenden Inhalte vorüber sind. Die Dozentin ist sehr engagiert, fachlich kompetent und auch persönlich sehr angenehm. Die Diskussionen in dieser Vorlesungen sind recht gut und zielführend – manchmal bin ich nur erschrocken über populistische und fachlich unbegründete Aussagen einiger lokaler Kommilitonen zur wirtschaftlichen Lage Puerto Ricos – bei Zahlungsunfähigkeit des Staates Steuersenkungen zu fordern ist schon irgendwie dämlich. Zumal eben jene unnachhaltige Steuerpolitik der Vergangenheit seinen Beitrag zur aktuellen Lage geleistet hatte.
IT Governance ist ein Kurs bei einer sehr netten Dozenten, deren Redelautstärke allerdings manchmal nicht zum kleinen Raum passt. Die Vorlesung beinhaltet ebenfalls viele Leistungen, die außerhalb der eigentlichen Vorlesung zu bringen sind sodass hierzu bisher der größte Workload anfiel. Inhaltlich werden spannende Themen behandelt, allerdings fliegen terminologische Abgrenzungen und Definitionen recht wild durch den Raum und Fragestellungen werden schon mal rückwirkend verändert. Das ergibt ein spannendes (manchmal lustiges) Diskussionsklima, wäre aber für Erstsemester nichts.
Global Leadership and Management scheint die beste Veranstaltung zu werden. Im vollen Kontrast zur Marketingveranstaltung stehend ist der Dozent sprachlich, fachlich-inhaltlich und persönlich sehr gut. Er hat eine klare Vorstellung der Vorlesungsziele und deren Verlauf. Er mischt Frontalunterricht und Gruppenarbeiten ganz gut. Ich denke, man wird hier viel lernen, einige persönliche Weiterentwicklung mitnehmen. Der Professor sieht die Vorlesung als sein Hobby an – eigentlich ist er viel als Organisations- und Führungsberater (studierter Psychologe) unterwegs – worunter seine Vorlesung qualitativ und quantitativ keineswegs leidet. Neulich war seine Frau in der Vorlesung zu Besuch, zufällig die Bürgermeisterin von San Juan.