2. Roadtrip oder „Die Achterbahn der Gefühle“

Mein zweiter Roadtrip begann damit, dass ich nach einem ausgiebigen Frühstück auf der Terasse von Carlos abgeholt wurde und wir gemeinsam die anderen Jungs aus dem Wohnheim abholten. Gemeinsam sollte es in den Regenwald gehen, den ich und Niko zwar schon auszugsweise gesehen hatten, der aber groß genug für mehre Abenteuer ist.

Das Wetter und die Laune waren ausgezeichnet, die Badesachen, Regenjacke und Mückenspray eingepackt und ab ging’s mit Carlos SUV in die Berge! Das war wesentlich komfortabler als der olle Schulbus vom letzten mal und beim Einparken im Graben konnte ich erstmals SUVs eine positive Seite abgewinnen (ich finde immer noch, dass sie eigentlich eine Schande für die Menschheit und Sünde an unseren Nachfahren sind).

Dank Carlos‘ Weitsicht konnten wir beim ersten Stop an einem Wasserfall erst einmal mit Rumpunsch à la Caprisonne auf unseren Ausflug anstoßen :-)

Nach einer ausgiebigen Fotosession ging es weiter zu einer kurzen Dschungelwanderung auf der Suche nach einem versteckteren weiteren Wasserfall. Leider sind wir in der falschen Kurve von der Straße gen Regenwald abgebogen, sodass unser Ausflug zwar eine großartige Kletterei wurde, letztlich zu Spaß aber zu keinem Wasserfall führte.

Der dritte Stop war direkt an einem Aussichtsturm, dem Torre Yokahú auf 480 m, von dem man eine wunderbare Aussicht über die Hänge des Regenwaldes hatte, die Küste südlich von Fajardo sehen konnte und trotz aufziehender Wolken am Horizont die Nachbarinseln (leider weiß ich nicht, ob Culebra oder Vieques) erkennen konnte.

Nach dem Besuch des Turms parkten wir in der Nähe des Weges zum Wasserfall von „la Mina„, den ich beim Besuch vor zwei Wochen gesehen hatte. Von dort gingen wir zu Fuß die Bergstraße weiter hinauf, bis wir einen Wanderweg in Richtung Bergspitzen (mit der Option zum „Yunque Peak“ oder zum „Torre Britton“ zu wandern) erreichten, von wo aus wir uns ab in den Regenwald machten. Die Bezeichnung als Regenwald bewahrheitete sich rasch, es regnete eigentlich durchgehend. Tobi – zu dem Zeitpunkt als Einziger nicht in Badehose unterwegs war deutlich benachteiligt. Nach einer kleinen Ewigkeit erreichten wir den Torre Britton auf 940 m. Ausgerechnet jetzt lichtete sich der Himmel, die Sonne kam hervor und unter uns sah man einen Regenbogen. Wunderbar gelaunt ging es durch den nächsten Platzregen wieder Richtung Tal. Aufgrund der Regenstärke pausierten wir kurz in einem Unterstand, wo wir erstmal die Shirts auswrangen – nicht zum letzten Mal.

Zurück an der Straße angekommen überquerten wir diese und wanderten entlang des inzwischen reißenden Rio La Mina und dessen Stromschnellen und Kaskaden weiter talabwärts, bis wir zum Wasserfall von La Mina kamen, der im Gegensatz zum letzten Besuch vor zwei Wochen geradezu gewaltsam war. Das Wasser schoss in einer Menge und entsprechender Wucht in das Badebecken, dass ohne Halt am Boden oder an den Randsteinen von der Strömung weggedrückt wurde. Dennoch oder gerade deswegen war es ein tolles Erlebnis, dort baden zu gehen! (Fotos folgen).

Gut erschöpft ging es den Wanderpfad weiter, wieder hinauf Richtung Ausgangspunkt der Wanderung zurück zum Auto, wo wir erstmal und endlich in trockene Kleidung wechseln konnten.

Hungrig fuhren hinab nach Luquillo, wo wir in der Nähe der „Kioskos“ verbotenerweise am Wegesrand parkten, um uns den Stau direkt vor den Kioskos zu sparen. Wir aßen in jenem Lokal („#8 de Silvia“ – Ocho de Silvia), in das wir uns ohne ortskundigen Begleiter niemals begeben hätten. Es sah wirklich schrecklich aus, aber Carlos verbürgte sich für das Essen und tatsächlich wurde alles frisch vor Ort zubereitet und schmeckte großartig! Die beste Speise war „Arepas de coco rellenas de pulpo“ eine Art frisch gebackenes Brötchen gefüllt mit Salat aus gekochtem Pulpo! Echt köstlich!

Nach diesem wunderbaren Essen gingen wir zurück zu unserem Auto. Wir waren zufrieden nach einem Tag mit wunderbaren Erlebnissen, müde von der körperlichen Anstrengung und doch sehr gut gelaunt. Als wir zum Auto kamen, sahen wir hinter diesem eine Polizeistreife mit Blaulicht halten. In der Hoffnung, dass diese noch keinen Strafzettel fürs Falschparken (immerhin 150 USD) ausgestellt hatten, versuchte ich mit der Tourimasche auszuhorchen, ob Alles okay sei.

Leider stellte es sich heraus, dass nicht das Falschparken, sondern ein Einbruch ins Auto das Problem war! Es fehlten vier unserer Rucksäcke mit sämtlichem Inhalt – dank Nikos Voraussicht hatten wir immerhin unsere beiden Spiegelreflexkameras zum Essen mitgenommen (Danke!). Dennoch fehlten mir jetzt meine teure Regenjacke und die noch teureren Brillen, Tobi fehlte der mit Kleidung gefüllte teure neue Rucksack, Sven der ältere aber ebenfalls teure Rucksack, seine Brille und sein Portemonnaie mit Personalausweis und Carlos Rucksack und Strandtasche mit Kleidung – mit eingeschlagenem Fenster an Carlos Auto doch ein beträchtlicher Schaden. Auch in das Nachbarauto zweier netter Polinnen wurde eingebrochen und ein Rucksack mit Kleidung geklaut. Dieser Stimmungsdämpfer war nicht ohne. Wir beschlossen, froh darüber zu sein, dass wir die Diebe nicht auf frischer Tat ertappt hatten und daher unverletzt bleiben durften und beschäftigten uns mit den polizeilichen Formalitäten zum Diebstahl. Nach einer Weile wurde Sven zu einem neu hinzugestoßenen Polizeiauto gerufen, wo wir in dessen Kofferraum sämtliche unserer Rucksäcke wiederfanden – die beiden Streifenpolizisten hatten sich zu Fuß auf die Suche nach den Tätern und unseren Sachen gemacht und diese einige hundert Meter entfernt auf einem Baseballplatz gefunden. Der Personalausweis von Sven war wieder da, ebenso seine und meine Brillen und auch sonst Alles bis auf ein etwas Bargeld und meine Powerbank fürs Handy. Uff! Absolutes Glück im Unglück! Die Strandtasche (ohne Wertsachen) der Polinnen fehlte zwar immer noch und auch das Auto wurde durch den Fund nicht wundersamer weise wieder ganz, aber doch waren wir allesamt letztlich froh über diesen Ausgang des letzten Abenteuers des Tages: Ein gemeinsames Foto mit den Polizisten (das leider nichts wurde), die ein ausgezeichnetes Beispiel der hiesigen Polizeiarbeit darstellten.

In Anspielung auf einen alten Werbeslogan von Puerto Rico („Puerto Rico lo hace mejor“  – Puerto Rico macht’s besser“) und sauer auf seine vermeintlichen Landsleute kommentierte Carlos ein Snapshot-Video seiner eingeschlagenen Fensterscheibe mit den Worten „Puerto Rico lo hace peor“ („Puerto Richo macht’s schlechter“). Tobi fasste den Tag mit den Worten zusammen, es sei „eine Achterbahn der Gefühle“ gewesen.

 

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